Akutsomatik 2022
Postoperative Wundinfektionen
Die positive Entwicklung der Wundinfektionsraten seit 2011 setzte sich auch in der Messperiode 2020/2021 fort. Dies zeigten die im Berichtsjahr publizierten Messergebnisse. Bei der überwiegenden Mehrheit der untersuchten Operationsarten gingen die Infektionsraten anhaltend zurück oder blieben konstant. Im zeitlichen Verlauf ist in der Rektumchirurgie und bei Kaiserschnitten eine signifikante Zunahme zu beobachten.
Die pandemiebedingt aussergewöhnliche Gesundheitssituation hatte möglicherweise einen Einfluss auf die Infektionsraten der Messperiode 2020/2021 und macht den Vergleich mit dem vorherigen Zeitraum unsicherer. Zudem wurden bei Eingriffen ohne Implantat weniger Operationen erfasst als im Vorjahr, was vermutlich mit dem längeren Unterbruch der Erfassung von November 2020 bis März 2021 zu erklären ist.
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Zur Infografik
Um die Spitäler und Kliniken auch im Berichtsjahr in der Pandemie zu entlasten, war die Messung vom 1. Dezember 2021 bis Ende Februar 2022 für sie freiwillig. Trotz angespannter epidemiologischer Lage fand das Symposium von Swissnoso und ANQ im Mai wieder als Präsenzveranstaltung am Inselspital in Bern statt. Die Teilnehmenden schätzten den persönlichen Austausch und gaben positive Rückmeldungen zum spannenden Programm.
Sturz & Dekubitus Erwachsene
Auf 2022 wechselte der Anbieter der Lizenzen, die Firma Flycatcher löste die Universität Maastricht ab. Auch die Nutzungsbedingungen für die Lizenzen veränderten sich. Neu konnten die Spitäler und Kliniken die freiwilligen Indikatoren Mangelernährung, Freiheitseinschränkende Massnahmen und Dekubitus Kinder miterheben. Aufgrund des Wechsels des Anbieters sanken die Lizenzkosten, was dem ANQ ermöglichte, die Kosten für die Erhebung der freiwilligen Indikatoren zu übernehmen.
Nach der pandemiebedingten zweijährigen Pause konnte die Prävalenzmessung am 8. November wieder stattfinden. Im Nachgang zur Messung werden 2023 Pilot-Audits durchgeführt, welche die Korrektheit der Erhebungsmethode prüfen, die zu erfüllenden Qualitätskriterien aufzeigen und Verbesserungspotenziale identifizieren. Die Ergebnisse der Pilot-Audits und die gewonnenen Erkenntnisse werden in einem Schlussbericht dargelegt. Die transparente Publikation der Messergebnisse ist für Anfang September 2023 geplant.
Ab 2023 wird die Messung der Prävalenz von Sturz und Dekubitus sistiert. Dies ergab ein breit abgestützter Entscheidungsprozess von Vorstand, Geschäftsstelle und Mitgliederversammlung. Die Indikatoren Sturz und Dekubitus bleiben aber auf dem ANQ-Messplan. Einen Teil der frei gewordenen Gelder investiert der ANQ in das Projekt Vis(q)ual Data der Berner Fachhochschule BFH. Dieses Projekt hat zum Ziel, die Datenerhebung der Indikatoren Sturz und Dekubitus mittels klinischer Routinedaten aus dem Klinikinformationssystem (KIS) in mehreren Pilotspitälern zu prüfen. Der Aufwand der Spitäler und Kliniken für die Erhebung dieser Indikatoren dürfte sich künftig massiv reduzieren.
Zur Weiterentwicklung der Messung
Rehospitalisationen
2022 wurden die ungeplanten Rehospitalisationen erstmals nach neuer Methode gemessen. Die Einführung der Methode des Centers for Medicare & Medicaid Services (CMS) beschäftigte den ANQ intensiv. Im Rahmen der Vorbereitungen schloss er einen neuen Datenschutzvertrag mit dem Bundesamt für Statistik BFS, sowie Kooperationsverträge mit Dr. Dr. Michael Havranek (Auswertungsinstitut) und mit dem IT-Anbieter INMED GmbH. Zudem erarbeitet er ein Auswertungskonzept und ein Handbuch. Das Handbuch beschreibt die Methodik der ungeplanten Rehospitalisationen, informiert über Datenherkunft, -übermittlung und -auswertung und stellt einen Leitfaden zur Analyse und Interpretation der Auswertungsergebnisse dar.
Um Interessierten einen Einblick in die Methode CMS zu geben, fanden Anfang Sommer die ersten Online-Informationsveranstaltungen statt. Im November konnten die Spitäler und Kliniken ihre Ergebnisse der BFS-Daten 2020 über Qlize! abrufen. Bei Qlize! handelt es sich um eine Software der Firma INMED, die die Übermittlung und die Analyse der Daten ermöglicht. INMED arbeitete für die Entwicklung eng mit Dr. Dr. Michael Havranek, dem QA Rehospitalisationen und der ANQ-Geschäftsstelle zusammen. Der ANQ verfügt über eine Sammellizenz.
In Absprache mit dem ANQ-Vorstand werden die Ergebnisse der BFS-Daten 2020 nicht transparent publiziert. Die nächste Publikation (BFS-Daten 2021) ist für Oktober 2023 geplant. Der ANQ erarbeitet 2023 ein entsprechendes Publikationskonzept.
Zu den Messinformationen
Implantatregister SIRIS Hüfte und Knie
Im Dezember publizierte der ANQ die 2-Jahres-Revisionsraten der Berichtsperiode 2016–2019 für primäre Hüft- und Knieimplantationen transparent auf dem Webportal. Der Anteil an Folgeoperationen innert zwei Jahren nach der Implantation einer Hüfttotalprothese blieb stabil. Bei den Knietotalprothesen zeigte die 2-Jahres-Revisionsrate erstmals eine sinkende Tendenz. Die Raten der Spitäler und Kliniken liegen mehrheitlich im statistisch erwarteten Bereich. Es gibt jedoch Ausnahmen, und es scheint bei Knieoperationen mehr Abweichungen zu geben als bei Hüftoperationen. Erstmals wurde die Medienmitteilung von einer Infografik begleitet.
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Zur Infografik
Seit 10 Jahren sind alle Schweizer Spitäler und Kliniken verpflichtet, Hüft- und Knieimplantationen im Implantatregister SIRIS Hüfte und Knie zu dokumentieren. Dank der hohen Erfassungsquote von 98% bietet das Register heute eine solide Datenbasis für detaillierte und aussagekräftige Auswertungen und Langzeitvergleiche. Der SIRIS Jahresbericht 2022 fasst die aktuellsten Analysen für ein Fachpublikum zusammen.
Zum SIRIS Jahresbericht 2022 (auf Englisch)
Implantatregister SIRIS Wirbelsäule (SIRIS Spine)
Seit Februar sind die Spitäler und Kliniken verpflichtet, neben den bisherigen Wirbelsäuleneingriffen auch Vertebroplastien und Kyphoplastien im Implantatregister zu erfassen. Im August erhielten die Institutionen einen ersten Zwischenbericht zu den im Jahr 2021 erfassten Daten. Anhand dieses Berichts konnten die Spitäler und Kliniken das erste Datenjahr sichten und ihre Datenqualität überprüfen.
Im Herbst informierte der ANQ über den Stand der PROMs-Einführung in der Wirbelsäulenchirurgie. Im Auftrag der SIRIS Stiftung und in enger Zusammenarbeit mit dem SIRIS Scientific Advisory Board Spine (SSAB) erarbeitete EUROSPINE ein Konzept zur Einführung von elektronischen PROMS (ePROMs). Die SIRIS Spine Registerplattform wird in einer Pilotphase getestet und wurde zu diesem Zweck ausgebaut. Die Pilotphase soll im ersten Quartal und die nationale Implementierung im vierten Quartal 2023 starten. Eine Steuerungsgruppe, in der auch die ANQ-Geschäftsstelle vertreten ist, traf sich monatlich zu einer Sitzung, um die Arbeiten zu begleiten.
Weitere Informationen
Implantatregister SIRIS Schulter
Im Januar genehmigte der ANQ-Vorstand den Antrag der SIRIS Stiftung, ein Schulter-Implantatregister in den ANQ-Messplan aufzunehmen. In der anschliessenden Vernehmlassung bei den Partnern des ANQ stimmten santésuisse, curafutura, die Medizinaltarif-Kommission UVG (MTK), die SUVA und das Bundesamt für Sozialversicherungen sowie die Kantone der Aufnahme zu. H+ Die Spitäler der Schweiz lehnte diese ab, da die Spitäler und Kliniken mit dem Finanzierungsmodell nicht einverstanden sind. Mit der SIRIS Stiftung im Lead wird nun ein alternatives Finanzierungsmodell als Diskussionsgrundlage erarbeitet. Dieses soll alle involvierten Akteure an der Finanzierung des geplanten Implantatregisters SIRIS Schulter beteiligen.
Pilotprojekt in der spitalambulanten Akutsomatik
Von Anfang Mai 2022 bis Ende Februar 2023 führten acht Spitäler und Kliniken Pilotmessungen im spitalambulanten Setting durch. Die Erhebungen umfassten klinische Qualitätsindikatoren sowie PREMs und PROMs bei Kniearthroskopie und einseitiger Leistenhernie. Um über genügend Daten zu verfügen, wurde die Messung von sechs auf zehn Monate verlängert. Das Pilotprojekt erlaubte es, erste Erfahrungen mit Messungen im spitalambulanten Bereich und mit der langfristigen Outcome-Beurteilung durch Patientinnen und Patienten zu sammeln. Für die Messlogistik arbeitet der ANQ mit Heartbeat Medical Solutions GmbH zusammen, für die Auswertung und Berichterstattung mit der Basel Academy. Ein Expertengremium mit Fachleuten aus den Pilotspitälern und -kliniken begleitete die Pilotphase und stellte den Praxisbezug sicher. Auswertung und Projektabschluss folgen 2023.
Zum Pilotprojekt
Qualitätsausschüsse (QA)
QA Akutsomatik
Der QA traf sich im Berichtsjahr zu vier Sitzungen. Gestützt auf eine Präsentation von Dr. Dr. Michael Havranek führte er erste Diskussionen zur Erfassung von Patient Safety Indicators (PSI). 2023 wird der QA das Thema «Qualitätsindikatoren basierend auf Routinedaten» wieder aufnehmen. Zum Konzept zur PROMs-Einführung in der Wirbelsäulenchirurgie verfasste der QA eine Stellungnahme zuhanden der SIRIS Stiftung. Weiter verabschiedete der QA die Kurzfassung des SIRIS Jahresberichts 2022 sowie den Nationalen Vergleichsbericht zu den postoperativen Wundinfektionen. Im Rahmen der Wundinfektionsmessung sprach sich der QA für eine grundlegende Überarbeitung des Nationalen Vergleichsberichts aus. Das entsprechende Konzept wurde im QA bereits diskutiert und soll im kommenden Berichtsjahr umgesetzt werden.
Der ANQ-Vorstand wählte Susanna Sanchez von der Solothuner Spitäler AG zur Nachfolgerin von Dr. med. Christian Westerhoff von der Hirslanden AG. Ende Jahr trat PD Dr. med. Timo Ecker von der Hirslanden Clinique Bois-Cerf in Lausanne aus dem QA aus.
QA Prävalenzmessung
2022 fanden drei QA-Sitzungen statt. Diese behandelten die Vorbereitungen und die Durchführung der Messung 2022. Zudem gab der QA Empfehlungen zu folgenden Themen ab:
- Durchführbarkeit der Messung 2022 unter Berücksichtigung der Pandemiesituation
- Überarbeitung und Anpassung der Methode LPZ (Strukturindikatoren Dekubitus)
Weiter wurde der QA über die Sistierung der Prävalenzmessung ab 2023 und die Unterstützung des Projekts Vis(q)ual-Data der Berner Fachhochschule BFH informiert.
Im Berichtsjahr trat Judith Winkes aus dem QA aus. Auf sie folgte Sabine Molls von der Insel Gruppe Bern. Die Nachfolge der ebenfalls zurückgetretenen Anna Ziegler von den Kliniken Hirslanden ist noch nicht bestimmt.
QA Rehospitalisation
An den vier Sitzungen befasste sich der QA mit dem Wechsel auf die Methode des Centers for Medicare & Medicaid Services (CMS) sowie mit den Prozessen zur Einführung der Software Qlize! Der QA war in allen relevanten Punkten in die Entscheidungsfindung involviert und brachte wertvolle Praxiserfahrungen ein. Damit leistete der QA einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen Implementierung der Methode sowie der Software.
Im Berichtsjahr verliess Uwe Schmidt vom Kantonsspital Winterthur den QA. Seine Nachfolge wird 2023 geregelt.
Expertengruppe (EG)
EG Implantatregister SIRIS Hüfte und Knie
Die EG traf sich zu vier Sitzungen. Sie befasste sich intensiv mit dem SIRIS Jahresbericht 2022, behandelte die Vorschläge des SIRIS Scientific Boards zu den Schwerpunktthemen und diskutierte die Analyseergebnisse. Zudem verabschiedete die EG das überarbeitete Auswertungskonzept, die Kurzfassung des SIRIS Jahresberichts 2022 sowie die Medienmitteilung. Zudem gab er Rückmeldung zur Infografik, die der ANQ als Ergänzung zur Medienmitteilung erstellte.
Dr. med. Florian Rütter vom Universitätsspital Basel wurde neu vom QA Akutsomatik in die EG delegiert. Damit tritt er die Nachfolge von Dr. med. Christian Westerhoff von der Hirslanden AG an. Als Vertreter von Swiss MedTech nimmt neu Thomas Schärer von der Mathys (Schweiz) GmbH in der EG Einsitz. Er folgt auf Peter Liniger von der Johnson & Johnson AG.