Gedanken zum Abschied
Zum Abschied richtete sich der langjährige Präsident Thomas Straubhaar mit folgendem Rück- und Ausblick an seine Vorstandskolleginnen und -kollegen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen
Nach ziemlich genau 13 Jahren als Präsident des ANQ ist die Zeit gekommen, dieses Amt in neue Hände zu legen. Zusammen mit dem Vorstand, in verschiedener Zusammensetzung, und der Geschäftsstelle haben wir die Zielsetzung für den ANQ erreicht: Die Spitäler und Kliniken verfügen heute über Instrumente, die es ihnen ermöglichen, sich in verschiedenen Bereichen bezüglich ihrer Qualität zu vergleichen. In den ersten ungefähr zehn Jahren war der ANQ eine der wenigen Organisationen, die gemeinsam mit den Trägern flächendeckende Messungen umsetzte, die Resultate auswertete und in vergleichender Weise zur Verfügung stellte. Damit wurde auch die seit der Einführung des KVG im Jahr 1996 bestehende Pflicht zur Sicherung der Qualität umgesetzt, ohne dass der Bund selbst eingreifen musste.
Die Hypothese, dass dadurch im besten Fall der Qualitätswettbewerb forciert oder aber mindestens der PDCA-Zyklus in den Institutionen angestossen wird, hat sich leider nur teilweise bestätigt. Zwar haben einige Spitäler und Kliniken die vergleichenden Auswertungen zum Anlass genommen, ihre Qualität zu hinterfragen und zu verbessern, ganz im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Dass sich jedoch ein Teil der Institutionen dieser Herausforderung nicht stellt und gutschweizerisch auf einer imaginären «Best Quality» ausruht, ist für mich unverständlich; hat der ANQ doch versucht, den Institutionen eine Basis zu bieten, sich mit andern zu vergleichen und, wenn nötig, Verbesserungen umzusetzen. Diese Chance wird von vielen nicht genutzt.
Selbstkritisch muss ich feststellen, dass in den letzten Jahren der Innovationsgedanke und dadurch der Wille zur Umsetzung von neuen Messungen etwas erlahmt ist. Einerseits ist es nicht einfach, neue, allgemeingültige Messungen zu entwickeln respektive zu implementieren, anderseits aber hat der revidierte Artikel 58 KVG viele Kräfte absorbiert. Leider haben es die Vertragspartner verpasst, den ANQ in ihren Vorarbeiten stärker einzubinden.
Wie jedes System ist auch dasjenige des ANQ nicht perfekt. So stehen den Institutionen die ausgewerteten Daten zum Teil spät zur Verfügung, was vor allem mit den aufwändigen Auswertungsprozessen und der umfangreichen Berichtslegung zusammenhängt.
Der ANQ sollte die kommenden Jahre für prozessuale Verbesserungen der bestehenden Messungen nutzen, damit die Resultate den Institutionen rascher zur Verfügung stehen. Zudem sollte er darauf fokussieren, die zahlreichen, mit viel Aufwand in den Spitälern und Kliniken gesammelten Daten auf eine einheitliche Basis (im Sinne von einheitlichen Registerdaten) zu stellen und diese intelligent auszuwerten. Dabei müssten sich die verschiedenen Daten vernetzen lassen, damit ein grösstmöglicher Nutzen resultiert. Von solchen Auswertungen könnten sowohl die Spitäler und Kliniken als auch die Kantone und Versicherer profitieren. Gerade in Zeiten mangelnder Fachkräfte können wir es uns schlicht weg nicht mehr leisten, mit viel Aufwand Daten zu generieren, die kaum oder nicht ausgewertet werden und deshalb keinen Nutzen haben. Der föderalistische Aufbau der Schweiz würde es erlauben, solche Entwicklungen in einzelnen Regionen zu testen, um sie anschliessend auf die ganze Schweiz auszurollen.
Thomas Straubhaar
ANQ-Präsident bis Ende 2022